Menschen & Mandolinen - Katsia Prakopchyk

Katsia Prakopchyk Mandoline
Katsia Prakopchyk - Foto: Christoph Körner

Katsiaryna Prakopchyk ist begeistert von der musikalischen Vereinsarbeit in Deutschland. „Ich freue mich riesig, wieviel Freizeit man in sein Hobby investiert!“ Seit sechs Jahren arbeitet sie als musikalische Leiterin und Lehrerin für Mandoline im Mandolinenverein Kollnau-Gutach - nach Studienabschluss in Köln und neun Jahren Arbeit an der Musikschule „J.S.Bach“ in Leipzig. Sie ist außerdem Dozentin für das Fach Mandoline in der Kalaidos Fachhochschule in Zürich und an der „Anton-Rubinstein Internationale Musikakademie Düsseldorf/ Berlin“. Seit 2018 ist sie festangestellte Lehrerin für das Fach Mandoline an der Musikschule/Musikakademie Basel und Horgen.

Katsia Prakopchyk als Leiterin des Zupforchesters Kollnau
Katsia Prakopchyk als Leiterin des Zupforchesters Kollnau

Als Kind hatte sie Domra gelernt. Mit 14 ließ die Lust merklich nach. „Mama sagte: Wenn Du etwas angefangen hast, dann führe es auch zu Ende!“ Dann gab es einen Wettbewerb, bei welchem Katsia eine tolle Klavierbegleiterin hatteSie ermutigte Katsia: „Du spielst so gut und musikalisch. Vielleicht wirst Du weiter studieren, so dass Du eine Lehrerin wirst. Ich glaube, das ist Dein Weg.“ Die Klavierbegleiterin und meine Domralehrerin waren sehr nett, gut gelaunt und nigestresst (dies habe ich als Kind so empfunden). Ich habe sie beide gemocht,“ berichtet Katsia. Und den Eltern vermeldete sie: „Wisst ihr, Papa und Mama, ich werde Domra weiter studieren!“ Beide Eltern arbeiteten in einer Reifenfabrik und konnten ihr nicht helfen. Darum bestanden sie darauf: „Wenn, dann bitte in Minsk!“ Die Familie lebte in der Provinz, in der Region Mogilev in Babruysk„Die Entscheidung für die Hauptstadt war für mich wahnsinnig wichtig, weil das ganze Kulturleben natürlich in Minsk war.“ Sie bestand die Aufnahmeprüfung in die FACHMUSIKSCHULE 

Katsia Prakopchyk als Leiterin des Zupforchesters Kollnau

Irgendwann lernte sie ihren späteren Mann, den Gitarristen Jan Skryhan, kennen. Er hatte klare Vorstellungen: „Gerne spiele ich mit Dir, aber vielleicht kannst du zur Mandoline statt der Domra wechseln". Mandoline hatte eine eigene Tradition in Belarus. So gab es Ende des 19.Jahrhunderts viele Mandolinenorchester. „Das ist unsere Geschichte, unsere Wurzel!“ 

Im ersten Jahr an der MUSIKAKADEMIE sagte sie zu ihrem Lehrer Nikolai Maretzky: „Ich möchte so gerne Mandoline probieren!“ Nur war sie völlig verunsichert: „Doppelsaiten – wozu? Was macht man damit?“ Sie verstand: Man muss sie wie eine Saite greifen. „Das war einfach etwas anderes. Bei der Domra mussten wir immer Geigenliteratur und Volkslieder-Bearbeitungen spielen. Ich wollte Originalliteratur kennen lernen. So habe ich Alte Musik und Bach geübt – und tremoliert, was heute eine schreckliche Vorstellung für mich ist. Autodidaktisch, denn viel Informationen, wie man Mandoline spielen sollte, hatten wir nicht.“  

Sie bereitete sich auf einen Wettbewerb in Nordrussland vor. Dies war keine Selbstverständlichkeit, denn man hielt sich ständig bedeckt. Man durfte niemandem sagen, welchen Wettbewerb man anstrebte. Der Lehrer gab ihr die Maxime auf den Weg: „Katja, wer Informationen hat, ist König! Denn dann kann man an Festivals teilnehmen, an Konzerten, an Wettbewerben. Dann kannst Du gewinnen und Kontakte knüpfen.“ Die Konkurrenz zwischen Studenten und Lehrern war leider enorm hoch. 

Für Katsia war es ein doppelter Erfolg: Sie erhielt den Zweiten Preis (es gab keinen ersten), und „ich habe mir den Komponisten Raffaele Calace eröffnet, indem ich in dem Pflichtstück „2.Preludio“ die höchste Punktzahl erreichte.“ Sie war auf dem richtigen Weg. 

Maretzky hörte von dem Calace-Wettbewerb in Ferrara/Italien und fragte sie: „Hast Du Lust?“ Und ob sie hatte! Nur besaß sie keine Mandoline. Als Notlösung hat sie eine Mandoline aus Plastik ausgeliehen, gebaut von Meister Daschko, und reiste mit dieser Mandoline nach Ferrara. Kaum zu glauben: Sie errang den Ersten Preis und bekam eine echte Calace-Mandoline als Geschenk! 

 

Katsia Prakopchyk beim Calace Wettbewerb
Katsia Prakopchyk beim Calace Wettbewerb

„Ich habe Caterina Lichtenberg dort gesehen, habe tolle Orchester und Solisten gehört und gedacht: Das will ich. Ich will das einfach lernen! Caterina und Gertrud Weyhofen haben beide bei Marga Wilden-Hüsgen studiert, und ich wollte mindestens genau so gut spielen. Das war wie im Weltraum zu fliegen!“ 

Sie bewarb sich bei Professorin Marga Wilden-Hüsgen und diese schrieb: „Komm! Ich kenne Dich von einem Artikel über den Calace-Wettbewerb.“ Diesen hatte Rüdiger Grambow, der jetzige Ehrenvorsitzende des Bundes Deutscher Zupfmusiker, geschrieben - auf der Suche nach neuen Talenten.

Katsia Prakopchyk mit einem Foto der Mandoline, die sie als Calace-Preisträgerin erhalten hatte
Katsia Prakopchyk mit einem Foto der Mandoline, die sie als Calace-Preisträgerin erhalten hatte
Katsia Prakopchyk mit der Urkunde des Yasuo Kuwahara Wettbewerb
Katsia Prakopchyk mit der Urkunde des Yasuo Kuwahara Wettbewerb

Sie arbeitete als Kellnerin und verkaufte „künstlerische Eisbecher“. „Man geht nicht unter, wenn man sich ein bisschen bewegt.“ Zusammen mit ihrem Mann Jan gewannen sie die Beteiligung an LIVE MUSIC NOW. 

Yehudi Menuhin Live Music Now ist eine Organisation, die der Geiger Yehudi Menuhin 1977 in England ins Leben rief. Sein Anliegen war es, Musik aus den Konzertsälen zu holen und an Orte zu bringen, wo sonst keine Musik erklingt. Und man erhält ein Honorar, was für junge Künstler wichtig ist. „Wir spielten im Krankenhaus, im Knast, im Kindergarten, in der Krebsstation für Kinder. Das bewegte mich sehr!“ 

Die künstlerische Instrumentalausbildung schloss sie im Fach Barockmandoline/Mandoline bei Professorin Marga Wilden-Hüsgen ab und erreichte das Konzertexamen bei Professorin Caterina Lichtenberg. Dabei nahm sie ständig an weiteren Wettbewerben teil. „Der Preis in Schweinfurt im Jahr 2005 und der 1.Preis bei European Mandolin Competition of EGMA im Jahr 2007 waren für mich die größte Anerkennung für das, was ich tue. Jeder Wettbewerb bringt dich technisch und musikalisch weiter.“ 

Katsia Prakopchyk mit der Urkunde des Yasuo Kuwahara Wettbewerb
Katsia Prakopchyk mit der Urkunde des Yasuo Kuwahara Wettbewerb

Auf die Frage, ob NICOLÒ PAGANINI mandolinengerecht komponiert habe, antwortet Katsia Prakopchyk: „Manche Noten sehen stark danach aus, als wären sie nicht für die neapolitanische Mandoline geschrieben, sondern für genuesische Mandoline, die eine Stimmung wie eine Gitarre hat. Wenn ein Stück in E-Dur aufhört, dann kannst Du das auf der neapolitanischen nicht so bequem  spielen, aber auf der genuesischen Mandoline , wo e", h  g‘  leere Saiten sind, schon. 

Katsia Prakopchyk mit der Urkunde des Yasuo Kuwahara Wettbewerb

Welche Instrumente spielt Katsia Prakopchyk? Sie brauchte unbedingt eine Barockmandoline beim Studium. Diese war von dem Mandolinenbauer Marcus  Dietrich. Daneben hat sie eine echte Seiffert Mandoline. „Die moderne Musik mit den vielen Akkorden, wie Kuwahara, kannst Du schwer auf dem schmalen Griffbrett einer Calace spielen. Auf der Seiffert haben alle Finger Platz – mit einem Griffbrett von Alfred Woll – da fliegen die Finger wie von alleine!“ Inzwischen hat sie auch eine Barockmandoline von Woll. Wenn sie hingegen italienische Musik von Raffaele Calace oder Carlo Munier spielt, „dann auf einer originalen Calace Mandoline, die von Alfred Woll restauriert wurde – herrlich!“  

 „Calace ist für mich das A und O. Er hat mich immer begleitet. Ich hatte mir vorgenommen, wenn ich nach Deutschland käme, das erste, was ich tue, ich besorge mir alle Calace Präludien.“  

Und ihr Fazit ist: „Bei Marga Wilden-Hüsgen habe ich eine ganz wichtige Sache fürs Leben gelernt: Das Teilen von Informationen und Noten, Begeisterung und die Liebe zum Instrument!“




Katsia Prakopchyk wurde 1979 in Belarus geboren. Nach einem Erststudium im Fach Mandoline/Domra an der Belarussischen Musikakademie in Minsk wechselte sie an die Hochschule für Musik Köln in die Klasse von  Prof. Marga Wilden-Hüsgen. Sowohl ihre  künstlerische Instrumentalausbildung im Fach Barockmandoline/Mandoline bei Prof. Marga Wilden-Hüsgen als auch das Konzertexamen bei Prof. Caterina Lichtenberg absolvierte sie mit Auszeichnung. Für ihr ausdruckstarkes Spiel und ihre außergewöhnliche technische Brillanz erhielt Katsia Prakopchyk zahlreiche Preise und Auszeichnungen, darunter: 

1.Preis beim Internationalen Mandolinenwettbewerb „Raffaele Calace“ 2000, Italien 

1.Preis beim „Internationalen Musik Turnier“ 2004, Frankreich 

1.Preis beim“ Yasuo Kuwahara Wettbewerb für Mandoline solo“ 2005, Deutschland 

1.Preis beim “European Mandolin Award” der EGMA 2007, Griechenland 

Innerhalb Europas gehörten Konzertauftritte bei den Mendelssohn-Festtagen Leipzig und dem Bachfest Leipzig, mit der Staatlichen Philharmonie Minsk (Belarus), auf dem International Guitarfestival Balatonfüred (Ungarn) und der „Semaine internationale de la guitare“ (Frankreich) zu den wichtigen Etappen. Nach Japan führten sie Auftritte beim „Kobe International Music Festival“ und „ARTE  International Mandolin Festival in Osaka". 

Sie war tätig am Heinrich-Schütz- Konservatorium Dresden e.V., am Robert-Schumann- Konservatorium der Stadt Zwickau und an der Musikschule „J. S. Bach“ in Leipzig. 

Katsia Prakopchyk gibt Meisterkurse, wird als Jury-Mitglied etablierter Mandolinen- und Orchesterwettbewerbe eingeladen und fördert mit ihrer engagierten pädagogischen Tätigkeit junge Nachwuchstalente. 

 

J.S.Bach - Invention d-moll, F-Dur

Fotos in diesem Beitrag (soweit nicht anderes gekennzeichnet): Copyright Dr. Thilo Fitzner