"Denn will man eine Sache richtig gut machen, sollte man sich ihr auch ganz zuwenden." So sein Credo.
Wenn man mit Freunden darüber spricht: „Wie werde ich meine Mandoline bauen?“, dann entstehen automatisch eine Reihe von Fragen, auf die Woll im Verlaufe seines Buches Antworten gibt - entweder anhand von historischen Beispielen von Vinaccia, Embergher und Calace, oder anhand seiner eigenen Entscheidung, welchen Weg er persönlich geht.
- Welches Holz ist geeignet und vor allem: welches klingt gut? Ahorn oder Riopalisander?
- Werde ich die Muschel aus glatten Spänen zusammensetzen oder aus gekehlten?
- Wieviele Späne brauche ich? 9 oder 40?
- Wie kann ich die Späne biegen? Mit einem heißen Eisen oder...?
- Werde ich sie auf einer festen Form aufbringen oder freiluftklebend freihand?
- Wie befestige ich den Hals am Oberklotz?
- Mache ich den Hals aus einem Stück oder setze ich den Kopf separat an?
- Möchte ich ein abgeschrägtes Griffbrett, um das Tremolieren zu erleichtern?
- Wie gehe ich um mit der unterschiedlichen Stärke der Saiten und der Kompensation ihrer Spannung?
- Wie stimme ich die Mandoline? Wohltemperiert? Gleichstufig temperiert? Rein?
- Und dann die Beleistung: Was braucht man? Was klingt gut? Will ich den Bass oder den Diskant hervorheben?
Für Woll ist Embergher der italienische Mandolinenbauer, der ihn am meisten beeindruckt: Er arbeitet mit feinstem Holz, stets äußerst präzise und klangschön.
Es gibt noch eine Besonderheit von Calace: Das Liuto Cantabile, ein Mandocello mit einem zusätzlichen Saitenpaar in e gestimmt. Damit kann Calace mit seinem Spiel die gesamte Literatur abdecken.
Calace baut seine Modelle ausgesprochen stabil, im Gegensatz zu Embergher, dafür etwas grundtoniger. Die Bauweise ist für Alfred Woll wegweisend. Er hat mit Aspekten von Calace experimentiert, was ihm half, die Mandoline noch besser zu verstehen.
Embergher baut immer wieder die gleichen Instrumente, hauptsächlich Mandolinen. Calace konstruiert ein Set von Spitzeninstrumenten aus Mandoline, Mandola, Mandoloncello und Liuto Cantabile, um ein Quartett damit auszurüsten. Trotz unterschiedlicher Bauprinzipien von Embergher und Calace ist der Klang ähnlich. Calace baut breiter und bietet mehr Verzierungen an. Embergher baut schmal und hoch.
Der Doityourself-Lehrling wird nun Versuche anstellen mit einer dicken Decke und mit dünnen Leisten. Oder mit einer dünnen Decke und dicken Leisten. Er darf mit Bewunderung auf die alten Meister schauen. Er darf staunen, was Alfred Woll ihm zu bieten hat. Er wird sich an allen orientieren –und danach seinen eigenen Weg gehen.
Alfred Woll berichtet im Folgenden über eigene Forschungen über die Entwicklung der deutschen Mandoline, insbesondere im Vogtland, kann hier eine ganz eigene Bauweise nachweisen als auch das Bedienen des Massenmarktes, welcher nicht zu hochwertigen Mandolinen führte.
Bei der italienischen Bauweiseentsteht durch denKnick zusammen mit der Querwölbung ein tragendes Gewölbe, für das man keinen Balken braucht. Das Gewölbehält dem Druck der Saiten stand. Bei der deutschenBauweise wird auf dieses Konstruktionsdetail verzichtet und ein Balken direkt an den Knick gesetzt.
Und dann schreibtAlfred Woll über Reinhold Seiffert, dessen Mandolinen ihm als eigentliches Vorbild dienten.
Diesem Ideal verschrieb sich Alfred Woll und verfeinerte das Modell von Seiffert in jedem Detail! Vom Klangideal der Seiffert-Mandoline inspiriert, experimentierte er über Jahre und entwickelte manch eigenes Modell.
Doch warum orientierte sich Alfred Woll gerade an dem Seiffertschen Ideal anstelle der italienischen Tradition. Optisch gleicht die Seiffert-Mandoline zwar einer Sopranlaute. Doch diese ist hauchdünn und die Seiffert-Mandoline ist ausgesprochen stabil gebaut. Auch Woll-Mandolinen lassen an Stabilität nichts zu wünschen übrig.
Marga Wilden-Hüsgen äußerst sich dazu: „Ich glaube, die Wahl von Alfred Woll das Seiffert-Modell zu bauen, war eine gewissen Notwendigkeit, weil damals alle guten und sehr guten Solisten eine Seiffert spielten.
In der Tat war es auch so, dass kaum eine der damals aktuell gebauten Mandolinen in alter, herkömmlicher Form, an die Klangqualität einer Seiffert herankam.
Es gab allerdings auch eine wichtige Voraussetzung: Der Klang entstand nur mit der modernen, in den 60er Jahren entwickelten Spieltechnik (Abschlag mit geneigtem Plektrum und Anlegen, Wechselschlag mit aufgerichtetem Plektrum, dabei den Ab - und Aufschlag völlig gleichförmig ausführen) — und die guten Spieler wollte Alfred bedienen. Auch ein weiterer Punkt war maßgebend. Alfred Woll ist ein guter Musiker und er hörte den Klang-Unterschied bei den unterschiedlichen Instrumenten. Wir haben viel probiert und diskutiert. Wir hatten gute und interessante Stunden in der Hochschule in Wuppertal.“
Noch einige aufklärende Sätze der Zeitzeugin Marga Wilden-Hüsgen, warum sie gerade d i e s e n Klang anstrebte.
Hat Dich der Klang der italienischen Mandolinen geärgert?
„Nein. Als ich Kind war, ganz sicher nicht, weil ich diese Musiker nie spielen hörte. Später, als ich diesen Klang kennenlernte, hatte ich meine Tongebung entwickelt und fand den Ton eher unschön. Die richtigen Töne waren manchen Spielern oft wichtiger als der Klang. Das aber hat sich mittlerweile geändert. Von obiger Kritik möchte ich Raffaele Calace ausnehmen, er machte mit Leidenschaft Musik und hatte einen wunderbar sauberen, dynamischen und sprechenden Ton. Ich lernte auch Mandolinenspieler aus Italien kennen, die ebenso wunderbar spielten, wie Calace!!!“
War Dir der italienische Klang zu höhenlastig? Zu schrill? Der deutsche zu schwer?
„Auf jeden Fall zu höhenlastig. Dazu kam, das viele Plektren und Saiten einen eher harten oder spitzen Ton hergaben und sich so für einen lebendige, wandelbare und dem Text entsprechende Tonbildung nicht sehr eigneten.
Hast Du zu dem Zeitpunkt Deiner Anregung für Seiffert gerade ein bestimmtes Stück gespielt?
„Nein. Daran dachte ich nicht. Ich liebte zu dieser Zeit meine wirklich wunderbare Herwiga-Mandoline, mit großem und prächtigen Klang. Dieses Instrument wurde aber nicht mehr gebaut.
Ich wünschte mir für die vielen guten und begabten Mandolinenspieler, denen ich begegnete, ein Instrument von hoher Qualität, mit dem man von Barock über Klassik und Romantik bis zur Moderne gleichgut musizieren kann.“
Was ging Dir durch den Kopf, als Du Dein Klangideal in die Welt gesetzt hast?
„Ich glaubte (was sehr verwegen war), dass das „rundere“ Modell mit anderen Maßen, einen weicheren und tragfähigeren Ton erzeugen könnte.
Es war einfach ein sehr großes Glück, dass Seiffert so ein wunderbarer Mensch und vor allem ein genialer Instrumentenbauer war, und mein Wunsch in Erfüllung ging. Ich war und bin sehr dankbar. Es sollte wohl so sein. Die Wirkung ist und war ja frappierend! Das ist für mich immer noch ein Wunder.“
Und nun haben wir DAS BUCH von Alfred Woll und seine Mandolinen, die stabil sind und einfach gut klingen – ob man Barock, Klassik, Romantik oder Moderne spielt.